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Mehr Gelassenheit?!
Neues Jahr – neue gute Vorsätze. Weniger Stress, umso mehr Glücksmomente, dies dürfte für viele ganz oben auf der Wunschliste stehen. Nur wie schaffen wir es, dass der gute Vorsatz im hektischen Alltag nicht auf der Strecke bleibt?
Prof. Dr. Martin-Niels Däfler von der FOM Hochschule (Frankfurt am Main) gilt als führender Experte, wenn es um mehr Glück im Beruf, um weniger Stress und Wege zu mehr Gelassenheit geht. Im Interview verrät er uns sein Glücksrezept für 2018.
Herr Prof. Däfler, Sie plädieren dafür, zu mehr Gelassenheit zurückzufinden. Nur wie lässt sich dieses Ziel im Alltag wirklich erreichen?
Was Stress in Ihnen auslöst, lässt beispielweise Ihren Nachbarn nur müde lächeln. Es sind also eigentlich nicht die Auslöser, sondern unsere Bewertung der Auslöser, die Stress hervorrufen. Insofern gibt es keine Zwangsläufigkeit, weil wir unsere Bewertung ändern können. Gelassen zu werden ist eine Lebensaufgabe, und zwar von höchster Schwierigkeit. Insofern wäre es vermessen, in wenigen Sätzen das passende „Rezept“ für mehr Gelassenheit zu erklären. Nur so viel: Gelassenheit ist wie ein Muskel, den man trainieren kann. Aber genauso wenig, wie Sie nach dem einmaligen Besuch des Fitnessstudios den Umfang Ihres Bizepses verdoppeln, genauso wenig können Sie über Nacht gelassen werden. Entscheidend ist es, in ganz kleinen Schritten vorzugehen. Ein Beispiel: Wann immer Sie sich über Ihren Chef aufregen, stellen Sie sich die Frage: „Welche Gründe hat er wohl für sein Verhalten?“ Wenn Sie irgendwann gelernt haben – nicht nur beim Chef, sondern generell –, sich Gedanken über die Motive des anderen zu machen, dann können Sie die nächste Technik trainieren.
Was sind die wichtigsten Empfehlungen, die Sie demjenigen geben würden, der „gelassen erfolgreich“ sein will?
Gelassen zu werden erfordert ein lebenslanges Training mit zahlreichen Techniken. Wie schon erwähnt, empfindet jeder Mensch Stress anders, weshalb es nicht die ultimativen, für jeden gleichermaßen gültigen Tipps gibt. Lassen Sie mich daher nur zwei Methoden nennen, von denen ich überzeugt bin, dass sie jedermann im Alltag helfen können.
Technik 1 ist die „Ein-Jahres-Frage“. Wissen Sie noch, worüber Sie sich vor genau einem Jahr aufgeregt haben? Nein? Vermutlich fällt Ihnen auch nicht ein, was Ihnen vor einem Monat die Zornesröte ins Gesicht getrieben hat. Selbst was Ihnen vor einer Woche Ärger verursacht hat, ist längst schon wieder vergessen. Mit anderen Worten: Wir regen uns über so viele Kleinigkeiten auf, die es absolut nicht wert sind. Deshalb: Wann immer Sie spüren, dass Wut in Ihnen hochkocht, fragen Sie sich, ob Sie in einem Jahr noch daran denken werden. Das ist ein wunderbar einfacher Maßstab dafür, die Verhältnismäßigkeit von Problemen zu erkennen.
Technik 2 ist „Lächeln ohne Grund“. Was sich zunächst einmal ziemlich abstrus anhört, hat einen wissenschaftlich fundierten Hintergrund. Wenn es Ihnen mal nicht gut geht, wenn Sie sich ärgern, wenn Sie in einem Stimmungstief sind, dann ziehen Sie sich an einen Ort zurück, an dem Sie unbeobachtet sind. Dann stellen Sie sich aufrecht hin und grinsen zwei Minuten lang vor sich hin. Auch – oder gerade –, wenn es dazu keinen Anlass gibt. Sie werden feststellen: Ihre Laune verbessert sich augenblicklich.
Viele Menschen nehmen sich zum Jahresbeginn gute Vorsätze vor, wollen sich mehr Zeit für sich und die Familie nehmen, sich im Jahr 2018 weniger stressen lassen, gelassener sein. Was denken Sie, warum scheitern diese Vorsätze so oft, laut Umfragen bei 80 bis 90 Prozent der Menschen? Und was müssten wir anders tun, um unsere guten Vorsätze wirklich in die Tat umzusetzen?
Natürlich ist der Jahresbeginn eine gute Gelegenheit, Unarten abzulegen und sich Neues anzueignen. Das geht allerdings auch an einem 14. Juli oder 26. Oktober. Ob an einem beliebigen Tag oder in den ersten Januarwochen – ob wir es schaffen, unsere Vorsätze Wirklichkeit werden zu lassen, hängt entscheidend von unserer Disziplin ab und davon, ob wir wirklich etwas ändern wollen. Häufig ist es nämlich so, dass wir eigentlich ganz zufrieden mit dem Status quo sind, aber uns von anderen einreden lassen, wir müssten etwas ändern.
Oft ist es aber tatsächlich so, dass wir selbst etwas ändern wollen. Dann hilft, sich bewusst zu machen, dass es schlichtweg eine lange Zeit und viele Anläufe benötigt, um Muster zu ändern. Wenn ich etwa zehn, zwanzig oder noch mehr Jahre keinen Sport gemacht habe, dann darf ich nicht erwarten, dass ich quasi über Nacht zum Fitnessfanatiker mutiere und mir morgens um 06:30 Uhr vergnügt die Joggingschuhe schnüre. Da hilft: klein anfangen. Und sich kontinuierlich steigern. Ich zum Beispiel knabbere – wie wohl viele – abends gerne Chips und Gummibärchen. Jetzt erlege ich mir nicht den Bann auf, komplett darauf zu verzichten, sondern ich mache einen „Mindful Monday“ – das heißt, montags gibt’s weder Wein noch Süßes. Das ist immerhin ein Tag pro Woche, besser als nichts. Mal sehen, ob dann in ein paar Monaten vielleicht ein weiter Tag hinzukommt.
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